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Ehemalige ZiegeleiAudio-Version (Teil 1)Audio-Version (Teil 2)

Ziegelei im Jahre 1937

Die Ziegelei im Jahre 1937 – aus süd-westlicher Richtung gesehen zum Bayerischen Wald hin
(Sammlung: Ludwig Kriegl)

 

Sie stehen nun vor dem Gelände der ehemaligen Eichendorfer Ziegelei, die früher „Ziegelstadel“ genannt wurde und fast zwei Jahrhunderte überdauerte.

In der wohl bekanntesten Novelle „unseres“ verehrten Dichters, die den Titel „Aus dem Leben eines Taugenichts“ trägt, spielen Ziegel eine nicht unwesentliche Rolle.

Lesen Sie hier einen Auszug aus dem 6. Kapitel der Erzählung. Der Taugenichts ist einige Zeilen zuvor auf ein einsames altes Schloß geraten, das sich in Eichendorffs Sehnsuchtsland Italien befindet, welches wiederum mit dem Eichendorfer „Ziegelstadel“ eng verwoben ist. Doch dazu später mehr.

 

[…] Als ich so voll Sorgen auf dem Bette saß, hörte ich auf einmal seit langer Zeit wieder die Nachtmusik unter meinen Fenstern. Bei dem ersten Klange der Gitarre war es mir nicht anders, als wenn mir ein Morgenstrahl plötzlich durch die Seele führe. Ich riß das Fenster auf und rief leise herunter, daß ich wach sei. „Pst, pst!“ antwortete es von unten. Ich besann mich nun nicht lange, steckte das Briefchen und meine Geige zu mir, schwang mich aus dem Fenster, und kletterte an der alten, zersprungenen Mauer hinab, indem ich mich mit den Händen an den Sträuchern, die aus den Ritzen wuchsen, anhielt. Aber einige morsche Ziegel gaben nach, ich kam ins Rutschen, es ging immer rascher und rascher mit mir, bis ich endlich mit beiden Füßen aufplumpte, daß mir’s im Gehirnkasten knisterte.

Kaum war ich auf diese Art unten im Garten angekommen, so umarmte mich jemand mit solcher Vehemenz, daß ich laut aufschrie. Der gute Freund aber hielt mir schnell die Finger auf den Mund, faßte mich bei der Hand und führte mich dann aus dem Gesträuch ins Freie hinaus. Da erkannte ich mit Verwunderung den guten, langen Studenten, der die Gitarre an einem breiten seidenen Bande um den Hals hängen hatte. […]

 

Der Eichendorfer Ziegelstadel war eine ansehnliche Ziegelei. Unterlagen lassen sich darüber bis 1760 zurückverfolgen.

Die Produktion der Ziegelei wurde 1950 eingestellt. Während der Ziegelstadel ehemals im Besitz der Marktgemeinde war und Marktziegelstadel hieß, wurde dieser später verkauft. Als letzte private Besitzer sind bekannt: Xaver Seiler (Faber), Ludwig Stoiber und Heribert und Therese Kaltenecker, geborene Stoiber.

Anfang des 18. Jahrhunderts erhitzten sich die Gemüter der Bürgerschaft wegen des Verkaufs des Marktziegelstadels, weil sich angeblich der Betrieb nicht rentiert haben sollte. Die Bürger meinten daher, der Verkauf sei unbegründet.

Es soll geheißen haben: Der Vorwurf, der Ziegelstadel trage der Gemeindekasse nichts ein, sei unbegründet. Vielmehr sei es so, dass sich laut Aufzeichnungen des damaligen Ziegelstadelverwalters Michael Nagl, von Beruf Strickermeister, in den sechs Jahren, in denen er den Ziegelstadel führt, ein Überschuss von mehr als 300 fl zeigte. Die Vorgabe, es befinde sich kein schlagbares Holz im Bürgerholz, sei ebenso unbegründet. Für einen eventuellen Brand kann man Holz schlagen, ohne dem Gehölz zu schaden. Bei mehreren Bränden müsse man Holz halt hinzukaufen.

Andere Orte trachten danach, einen Ziegelstadel zu erhalten, weil sie den Nutzen davon einsehen, ist in den Aufzeichnungen vermerkt. Was würde es für ein Elend sein, wenn bei einem Brand kein Ziegelstadel und keine Ziegel da wären. Woanders wären außerdem die Ziegel teurer. Braucht man im Markt keine, so kann man diese auswärts verkaufen. Außerdem kann ein privater Eigentümer für die Ziegel verlangen, was er will, so die Befürchtung der Bürgerschaft. Warum also sollte der Betrieb aus den Händen gehen, wenn er vor der Not an Baumaterialien schützt.

An den Marktadministrator wurde „untertänigst und gehorsamst“ die Bitte angetragen, dass der Verkauf eingestellt wird. Es war dies am 5. November 1810, der Verkauf sollte bereits am 12. November erfolgen. Sebald Petz und 19 weitere Bürger bekräftigten die Forderung nach Unterbinden eines Verkaufes.

Es gab dann noch reichlich Briefwechsel zwischen der Communaladministration und den höheren Dienststellen, bis dann der Ziegelstadel noch im Jahre 1810 für drei Jahre an den Strickermeister Nicklas Wieser aus Eichendorf verpachtet wurde. Laut einem Schreiben im Namen seiner Majestät des Königs – von Passau aus – fand eine weitere Verpachtung für drei Jahre an Anton Beham, Hafner in Eichendorf, statt, und in den Jahren 1815 bis 1817 findet man als Pächter den Lefezelter Nepomuk Blumenschein.

Wie es in den nächsten Jahren weiter ging, lässt sich aufgrund fehlender Unterlagen nicht mehr genau feststellen. Fest steht, dass die Ziegelei später doch an private Betreiber verkauft wurde.

Gearbeitet wurde in der Ziegelei immer, außer in strengen Wintermonaten.

Die ältere Generation, vor allem die Männer, erinnern sich noch gern an die schwarzäugigen, hübschen Töchter einer italienischen Familie. Ein Italiener war Ziegelmeister in der Zeit zwischen den letzten beiden Kriegen, angestellt beim damaligen Besitzer Xaver Seiler. Die Töchter des Italieners waren sehr temperamentvoll und tanzten gerne. Der Vater hatte größte Mühe, das Gedränge der Eichendorfer Burschen abzuwehren.

Für die Ziegelei brauchte man fürs Brennen eine Menge an Kohle. Diese wurde beim ehemaligen Bahnhof Eichendorf mit einem Pferdefuhrwerk den langen Berg entlang zur Ziegelei transportiert. Es war eine Strapaze für die Tiere.

Eine Tochter von Ziegeleibesitzer Xaver Seiler (Faber) heiratete Ludwig Stoiber aus Gneiding. Diese übernahmen dann den Ziegeleibetrieb bis 1957. Die Produktion lief allerdings nur bis 1950. Die heruntergewirtschafteten Fertigungsanlagen hielten der Konkurrenz nicht mehr stand. Für eine Modernisierung fehlten angeblich die Mittel.
Den Betrieb übernahm dann die Tochter Theres, welche Heribert Kaltenecker heiratete. Auch der Theres, den Eichendorfern als Faber oder Stoiber Res bekannt, und ihrem Mann fehlten angeblich die Geldmittel und auch die fachliche und kaufmännische Qualifikation. Es war nicht leicht, gerade nach dem Krieg, dem wirtschaftlichen Aufschwung stand zu halten. Kaltenecker betrieb dann nur noch den Tegelabbau und verkaufte das wertvolle und gute Material an die Dachziegelwerke Möding. Die Ausbeute nahm ein solches Ausmaß an, dass er dies von höherer Instanz untersagt bekam.

Das etwa sechs Hektar große Gelände glich in den Jahren mehr und mehr einer Mondlandschaft. Durch den unvorschriftsmäßigen Abbau sackte sogar teilweise das Straßenfundament ab. Die Straßenbaubehörde verlegte deshalb die Straßenführung zu der heutigen Trasse. Der abgewirtschaftete Ziegeleibetrieb geriet in finanzielle Bedrängnis, und die restlichen Gebäude waren baufällig. Schließlich wurde von mehreren Gläubigern die Versteigerung betrieben. So wurde am 6. Dezember 1957 die Ziegelei samt sieben Hektar Grundfläche von der Genossenschaftsbank Eichendorf zur Rettung ihrer Forderungen eingesteigert.

Die Weiterveräußerung zeigte sich sehr schwierig, weil an dem Ruinengrundstück niemand Interesse zeigte. Schließlich übernahmen der Landkreis und die Gemeinde Teilflächen als Tauschgrundstücke für Straßengrundabtretungen. Das Kerngrundstück von 5,4 Hektar mit Gebäuden kaufte am 25. September 1958 der Kaufmann und Uhrmachermeister Ludwig Sandner aus Eichendorf, um dort eine kleine Hühnerfarm zu errichten. Sandner war begeisterter Kleintierzüchter und hatte für seine Zucht das richtige Areal gefunden. Drei Jahre später, am 1. Februar 1961, wurde das alte Wohnhaus von Ludwig Sandner auf dessen Tochter Maria und den Schwiegersohn Ludwig Kriegl übertragen, als Entschädigung für die Beteiligung an der Kaufpreisfinanzierung des Gesamtobjekts. Nach dem Tod der Eheleute Sandner ging der gesamte Besitz an die Eheleute Kriegl über, welche im Laufe der Jahre aus dem öden Gelände wieder eine schöne Anlage machten.

Auch in Adldorf stand einmal eine Ziegelei. Beim Eiskellerbau stieß man beim Graben der Fundamente auf die Brennkanäle eines Ziegelbrennofens. Die Lehmgrube befand sich beim so genannten Zimmermichl-Leerhäusl (Stinglhammer-Anwesen, später Blaha). Die Trockenhütten sollen in der Nähe der Einöde Vitzdom gestanden haben. ♦

 

Glück auf Audio-Version

Gar viel hab ich versucht, gekämpft, ertragen;
Das ist der tiefen Sehnsucht Lebenslauf,
Daß brünstig sie an jeden Fels muß schlagen,
Ob sich des Lichtes Gnadentür tät auf,
Wie ein verschütt’ter Bergmann in den Klüften
Heraus sich hauet zu den heitern Lüften.

Auch ich gelang einst zu dem stillen Gipfel,
Vor dem mich schaudert in geheimer Lust.
Tief unten rauschen da des Lebens Wipfel
Noch einmal dunkelrührend an die Brust,
Dann wird es unten still im weiten Grunde
Und oben leuchtet streng des Himmels Runde.

Wie klein wird sein da, was mich hat gehalten,
Wie wenig, was ich Irrender vollbracht,
Doch was den Felsen gläubig hat gespalten:
Die Sehnsucht treu steigt mit mir aus der Nacht
Und legt mir an die wunderbaren Schwingen,
Die durch die Stille mich nach Hause bringen.

Joseph von Eichendorff
Gedichte (Ausgabe 1841) ♦

 

RückkehrAudio-Version

Wer steht hier draußen? – Macht auf geschwind!
Schon funkelt das Feld wie geschliffen,
Es ist der lustige Morgenwind,
Der kommt durch den Wald gepfiffen.

Ein Wandervöglein, die Wolken und ich,
Wir reisten um die Wette,
Und jedes dacht: nun spute dich,
Wir treffen sie noch im Bette!

Da sind wir nun, jetzt alle heraus,
Die drin noch Küsse tauschen!
Wir brechen sonst mit der Tür ins Haus:
Klang, Duft und Waldesrauschen.

Ich komme aus Italien fern
Und will euch alles berichten,
Vom Berg Vesuv und Romas Stern
Die alten Wundergeschichten.

Da singt eine Fei auf blauem Meer,
Die Myrten trunken lauschen –
Mir aber gefällt doch nichts so sehr,
Als das deutsche Waldesrauschen!

Joseph von Eichendorff
Gedichte (Ausgabe 1841) ♦